Dr. Bernd Wölfl – „Vorsicht bei der Videoüberwachung“

Vorsicht bei der Videoüberwachung

 

Rechtsanwalt Dr. Bernd Wölfl, Pocking

Fachanwalt für Arbeitsrecht und Strafrecht
Lehrbeauftragter an der Hochschule München
Ständiger Mitarbeiter von Wohnung + Haus

BWoelfl

Ausgangssituation

In Zeiten der zunehmend technischen Entwicklung nehmen auch die Möglichkeiten einer optischen Überwachung von Personen und Räumen immer mehr zu. Auch öffentliche Plätze, Behördengebäude oder Gerichte werden zunehmend videoüberwacht. Dies verleitet den Einzelnen sehr schnell zu der Vermutung, dass Videoüberwachungsmaßnahmen generell unproblematisch zulässig seien. Es werden dann eigene Aufnahme- und Überwachungsgeräte installiert, sei es, weil es in der Vergangenheit bereits unliebsame Vorfälle gegeben hat oder einfach weil man generell vorsorgend tätig werden möchte.

Die Rechtslage

So einfach ist es mit der Videoüberwachung allerdings nicht. Die Sache erweist sich vielmehr bei genauerem Hinsehen als durchaus kompliziert, weil sehr schnell grundrechtlich geschützte Bereiche von einzelnen Personen, allen voran das sog. allgemeine Persönlichkeitsrecht oder Grundrecht auf Unversehrtheit der Wohnung betroffen sein können. Schon nach dem Bundesdatenschutzgesetz ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, etwa zur Wahrnehmung des Hausrechts, wobei dabei auch auf die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen Rücksicht zu nehmen ist. Seit der Gesetzgeber im Jahre 2004 den § 201 a StGB als neue Strafbestimmung in das Strafgesetzbuch eingefügt hat, ist die Frage nach der Zulässigkeit von Videoüberwachungen, aber auch strafrechtlich sensibler geworden. Nach der genannten Vorschrift macht sich derjenige strafbar, der von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschütztem Raum befindet, unbefugt Bildaufnahmen herstellt oder überträgt und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt. Das Gesetz droht für eine derartige Verfehlung Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe an. Mit dieser Strafbestimmung soll der höchstpersönliche Lebensbereich als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts jedes Menschen geschützt werden. Innerhalb der genannten Räumlichkeiten besteht regelmäßig ein erhöhtes Vertrauen darauf, nicht einer unbefugten Beobachtung durch Dritte ausgesetzt zu sein. Das Verbot ist allerdings – und das ist ganz wichtig – nicht auf Wohnungen in dem Sinne beschränkt, wie man den Begriff landläufig versteht, nämlich als die Wohnung an sich als eine abgeschlossene Lebenseinheit. Gemeint sind vielmehr alle Räumlichkeiten, die zur ständigen Benutzung zur Verfügung stehen. Das entscheidende Merkmal ist die Unbeobachtetheit, von der der Einzelne ausgeht. Es müssen daher Einschränkungen bei Räumlichkeiten gemacht werden, bei denen von einem regelmäßig gegebenen Vertrauen in diese Unbeobachtetheit nicht ausgegangen werden kann. Einig ist man sich deshalb, dass etwa öffentliche Tiefgaragen oder Treppenhäuser nicht geschützt werden und dort daher eine Überwachung zulässig ist. Nicht so klar ist die Sache aber schon wieder etwa bei Terrassen und Balkonen. Allerdings kann man in der Regel auch hier nicht davon ausgehen, unbeobachtet zu bleiben, wenn man sich dort aufhält. Vieles hängt hier aber einfach von den Umständen des Einzelfalls ab. Festzuhalten ist an dieser Stelle somit, dass diejenigen Bereiche strafrechtlich geschützt werden, bei denen man davon ausgehen kann, dass man dort unbeobachtet ist. Sofern dies nicht vorausgesetzt werden kann, besteht kein strafrechtlicher Schutz. Dies ist auch der Grund dafür, warum öffentliche Plätze oder öffentlich zugängliche Gebäude strafrechtlich unproblematisch videoüberwacht werden dürfen, vorbehaltlich der Regelungen im Bundesdatenschutzgesetz.

Soweit ein strafrechtlicher Schutz besteht, ist nach dem Gesetz sowohl die Herstellung einer Bildaufnahme als auch deren Übertragung unzulässig. Damit soll ein umfassender Schutz gewährleistet sein. Es ist also zum einen unzulässig, Bildaufnahmen auf Datenträgern festzuhalten. Zum anderen wird allerdings auch die sog. Echtzeitübertragung unter Strafe gestellt, bei der die Abbildung nicht gegenständlich fixiert oder gespeichert wird. Namentlich sind also auch bloße Liveübertragungen daher unzulässig.

Ausnahmen

Nun gibt es freilich auch wie eingangs bereits erwähnt Fälle, in denen sich jemand ausnahmsweise aus berechtigten Gründen veranlasst sehen kann, eine Bildaufnahme zu fertigen oder eine Übertragung durchzuführen. Dies lässt der Gesetzgeber in Ausnahmefällen durchaus zu, wenn der Betreffende mit der heimlichen Bildaufnahme Zwecke verfolgt, die von der Rechtsgemeinschaft anerkannt werden. So ist es etwa vorstellbar, dass eine Überwachung etwa dazu dient, die Urheber von wiederholtem Vandalismus ausfindig zu machen oder andere schadensstiftende Handlungen aufzuklären oder belegen zu können. Im Ausnahmefall ist die entsprechende Tat dann nicht rechtswidrig und nicht strafbar. Allerdings haben wir gesehen, dass die bildliche Überwachung in der Regel ohnehin nur in äußerst sensiblen Bereichen strafrechtlich untersagt ist, nämlich dann, wenn es um das Gefühl geht, unbeobachtet zu sein (Intimsphäre). Eine Überwachung dieses Bereichs durch Privatpersonen dürfte so gut wie nie erforderlich sein um Schäden zu verhindern oder entsprechende Taten aufzuklären. Dies umso weniger, als die Gerichte regelmäßig auch noch eine Abwägung der beiderseitigen Interessen vornehmen. Wohnraumüberwachungen bleiben daher – und dies ist ganz wichtig – den staatlichen Strafverfolgungsbehörden vorbehalten.

Fazit

Insgesamt ist daher festzuhalten, dass die optische Überwachung von Wohnräumen absolut unzulässig ist. Die Wohnung ist für Privatpersonen tabu. Anders sieht es in Räumlichkeiten aus, in denen der Einzelne nicht damit rechnen kann, unbeobachtet zu sein. Diese dürfen regelmäßig überwacht werden ohne dass der Betreffende sich strafbar macht. Damit ist aber, wie erwähnt, wiederum noch nicht gesagt, dass nicht andere Interessen, etwa auch dem Gesichtspunkt des Datenschutzes der Aufnahme entgegenstehen.

Nachdem die Rechtslage doch sehr kompliziert ist und durchaus auch strafrechtliche Konsequenzen drohen können, ist sicherlich Zurückhaltung geboten, wenn es um Überwachungsmaßnahmen geht. Leider sind auch die ergangenen Gerichtsentscheidungen durchaus sehr stark differenziert sind, was die Sache noch undurchsichtiger macht. Es empfiehlt sich in jedem Falle vor Installation einer Überwachungseinrichtung entsprechenden rechtlichen Rat einzuholen.

(„Wohnung + Haus“, 1/2012)