Durchschnittlich 6.000 Verkehrsunfälle werden täglich in Deutschland von der Polizei aufgenommen. Aufgrund derbesseren technischen Sicherheitsvorkehrungen der Fahrzeuge geht die Zahl der Verkehrstoten und schweren Personenschäden glücklicherweise stetig zurück. Es handelt sich immer häufiger um reine Blechschäden. Zahlreiche Unfälle werden nicht polizeilich erfasst. Es kommt hierzulande daher alle paar Sekunden zu einem Verkehrsunfall. Die Wahrscheinlichkeit in einen solchen verwickelt zu werden ist hoch.
Das richtige Verhalten unmittelbar nach einem Unfall
Das wichtigste nach einem Verkehrsunfall ist es, die Unfallstelle umgehend abzusichern. Zunächst ist die Warnblinkanlage einzuschalten. Vor dem Verlassen des Fahrzeugs sollte die Warnweste – deren Mitführung ist Pflicht – angelegt werden. In 50-100 m Entfernung von der Unfallstelle muss dann das Warndreieck aufgestellt werden. Dann muss möglicherweise verletzten Personen erste Hilfe geleistet werden. Durch die richtige Erstversorgung können Menschenleben gerettet werden. Die Statistik zeigt, dass es nicht unwahrscheinlich ist in eine Situation zu kommen, in der es erforderlich wird anderen Menschen erste Hilfe zu gewähren. Daher empfiehlt es sich regelmäßig einen Kurs zur Auffrischung der erlernten Erste-Hilfe-Kenntnisse zu besuchen. Die Polizei sollte jedenfalls gerufen werden, wenn eine Person verletzt wurde oder sich ein Unfallbeteiligter vom Unfallort entfernt hat. Eine Mitteilung an die Polizei muss in jedem Fall bei einem Parkrempler gemacht werden, bei dem keine Person am geschädigten Fahrzeug ist. Das Hinterlassen eines Zettels an der Windschutzscheibe ist nicht ausreichend, um seinen Benachrichtigungspflichten nachzukommen.
Die Beweissicherung
Auch bei einem Verkehrsunfall mit reinen Blechschäden sitzt den Betroffenen der Schreck oft in den Gliedern und es wird vergessen, die zur Verfügung stehenden Beweismittel zu sammeln. Haben alle Unfallbeteiligten den Ort des Geschehens verlassen, wird es sehr schwierig, Zeugen auszumachen oder den Unfallhergang zu rekonstruieren. Deswegen müssen unbedingt Name und Anschrift der Personen notiert werden, die Beobachtungen zu dem Verkehrsunfall gemacht haben. Außerdem sollten noch an der Unfallstelle Lichtbilder von den beteiligten Fahrzeugen und deren Positionen unmittelbar nach dem Ereignis angefertigt werden. Als sehr hilfreich erweisen sich Unfallberichte, die von den Beteiligten gemeinsam ausgefüllt werden. Es ist ratsam einen entsprechenden Vordruck im Handschuhfach mitzuführen. Auch eine Straßenmalkreide kann sich als sehr nützlich erweisen. Müssen die Fahrzeuge aus Sicherheitsgründen schnell von der Unfallstelle entfernt werden, können damit zumindest die Endpositionen markiert und anschließend fotografiert werden. Solche Aufnahmen können für den Kfz-Gutachter bei der Rekonstruktion des Unfallhergangs zu einem sehr wichtigen Arbeitsmittel werden.
Das Räumen des Unfallortes
Nun müssen die Unfallautos von der Unfallstelle entfernt werden. Hierzu müssen die Unfallbeteiligten gegebenenfalls einen Abschleppdienst beauftragen. Die gegnerische Versicherung muss nur die Kosten für das Abschleppen in die nächstgelegene Werkstatt übernehmen. Häufig macht daher ein Anruf bei der eigenen Kfz-Versicherung Sinn. Häufig ist, gerade bei Bestehen einer Vollkaskoversicherung, bei der eigenen Police ein Schutzbrief inbegriffen. Die Kosten für das Abschleppen, auch an den Heimatort, werden daher gegebenenfalls von der eigenen Versicherung vollständig erstattet. Das Säubern der Unfallstelle ist grundsätzlich Sache der Unfallbeteiligten. Nur bei schweren Zusammenstößen übernimmt dies die Feuerwehr.
Die Regulierung der Schäden
Hat der Gegner den Unfall alleine verursacht, muss dieser nur bei dessen Versicherung gemeldet werden. Steht eine Mitschuld im Raum oder ist man für das Zustandekommen des Unfalls alleine verantwortlich, sollte man den Unfall umgehend (auch) der eigenen Autoversicherung melden. Ebenso wenn der andere Unfallbeteiligte Ansprüche geltend macht. Für den Fall, dass ein Unfallbeteiligter den Unfall selbst verschuldet hat bzw. diesem eine Mitschuld zukommt, ist eine Vollkaskoversicherung äußerst hilfreich, da diese für die von der Gegenseite nicht übernommenen Schäden am eigenen Auto aufkommt. Sobald die eigene Versicherung Zahlungen leisten muss, ist dies jedoch mit einer Rückstufung in eine schlechtere Schadensfreiheitsklasse verbunden. Bei einem Mitverschulden beider Parteien kann ein Teil der Kosten, die durch eine Höherstufung entstehen, bei der gegnerischen Versicherung zurückgeholt werden. Diesbezüglich sollte man sich unbedingt anwaltlich beraten lassen.
Überhaupt ist es ratsam, sich möglichst bald an einen Fachanwalt für Verkehrsrecht zu wenden, da dieser Ihnen umgehend eine Einschätzung der Rechtslage geben und sich schnellst möglichst um die Einholung einer Regulierungszusage von der gegnerischen Versicherung kümmern wird.
Die Schadenshöhe
Um einzuschätzen, wie hoch die am eigenen Unfallauto entstandenen Schäden sind, sollte man das Fahrzeug möglichst bald einem Kfz-Sachverständigen vorstellen. Bei dessen Auswahl ist der Unfallgeschädigte frei. Der Kfz-Gutachter wird auch die merkantile Wertminderung bemessen, die nach dem Unfall trotz Reparatur an dem Fahrzeug verbleibt. Bei Bagatellschäden bis etwa € 800,00 reichen die Anfertigung eines Kostenvoranschlages und Lichtbilder aus. Erst bei Schadenssummen, die darüber liegen, übernimmt die gegnerische Versicherung die Kosten für ein Schadensgutachten.
Die Reparatur des Schadens
Liegt das Sachverständigengutachten vor, kann der Unfallgeschädigte eine Werkstatt mit der Reparatur des beschädigten Kfz gemäß dem Unfallgutachten beauftragen. Der Auftraggeber hat gegenüber der Reparaturfirma für die Kosten der Reparatur aufzukommen, falls die gegnerische Versicherung sie nicht bezahlt. Dies auch, wenn Sie bei dem Reparaturbetrieb eine Abtretungserklärung unterschreiben, dass dieser direkt mit der gegnerischen Versicherung abrechnen kann. Daher ist es sehr hilfreich, möglichst bald eine Regulierungszusage der gegnerischen Haftpflichtversicherung über einen Fachanwalt für Verkehrsrecht herbeizuführen.
Ist das beschädigte Fahrzeug nicht älter als 3 Jahre und/oder scheckheftgepflegt, dürfen die Betroffenen die Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt in Auftrag geben. Ansonsten hat die gegnerische Versicherung die Möglichkeit, nur die ortsüblichen Kosten einer freien Werkstatt auszugleichen.
Während der Reparaturdauer haben Geschädigte Anspruch auf einen Mietwagen oder die Bezahlung einer Nutzungsausfallentschädigung. In diesem Zusammenhang ist jedoch Vorsicht geboten. Bezüglich der Höhe der Kosten für einen Mietwagen gibt es häufig Streit mit der gegnerischen Versicherung. Es ist daher ratsam, vorher abzuklären bis zu welchem Betrag die Mietwagenkosten übernommen werden müssen.
Abrechnung ohne Reparatur
Es ist zulässig, das Fahrzeug nicht zu reparieren oder keine Neuanschaffung vorzunehmen und sich den vom Gutachter berechneten Schaden ohne Mehrwertsteuer ausbezahlen zu lassen. Bei dieser sogenannten fiktiven Abrechnung bekommt man daher entweder die Netto-Reparaturkosten oder bei einem Totalschaden, die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert erstattet. Ein wirtschaftlicher Totalschaden liegt vor, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs in der Sekunde vor dem Unfall übersteigen.
Was tun, wenn die Versicherung nicht bezahlen will?
Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird die Einschaltung eines Rechtsanwalts in der Regel unumgänglich. Die Kfz-Haftpflichtversicherungen ziehen häufig Beträge von den tatsächlich entstandenen Reparaturkosten ab. Ein Fachanwalt für Verkehrsrecht kann Geschädigten bei der Durchsetzung der offenen Kosten behilflich sein, damit Unfallopfer nicht auf diesen sitzen bleiben. Ist ein Personenschaden entstanden, ist es ohnehin ratsam, sich anwaltlich über die Höhe des Schmerzensgelds, die eventuelle Geltendmachung eines Haushaltsführungsschadens und Ersatz der entstandenen Auslagen beraten zu lassen.
Weigert sich die gegnerische Versicherung hartnäckig, den Schaden ganz oder teilweise auszugleichen, ist vorteilhaft über eine Verkehrsrechtsschutzversicherung zu verfügen. Dann kann ohne erhebliches Kostenrisiko eine Klage zum sachlich und örtlich zuständigen Gericht auf Ausgleich der Unfallschäden erhoben werden.
Entsprechende Hilfe und eine Ansprechpartnerin nach einem Verkehrsunfall finden Sie auf unserer Kanzleiseite:
Die Checkliste „Was tun bei einem Verkehrsunfall – Hinweise für Betroffene“ finden Sie hier zum Download:
Rechtsanwaltskanzlei Prof. Gerauer, Pocking Autorin: Rechtsanwältin Johanna Altmannshofer Fachanwältin für Verkehrsrecht